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Wissenschaft und Anforderungen an wissenschaftliche Texte

 

 


 

 

 

Wissenschaft

 

 

 

 

Wissenschaft ist Kooperation zwischen Forschenden mit dem Ziel, gemeinsam möglichst viele Erkenntnisse über die materielle und geistige Welt zu erzeugen.

 

Der Austausch der Erkenntnisse geschieht, wenn immer möglich, ohne vermeidbare Reibungsverluste, zum Beispiel ohne doppelte Forschung oder Mißverständnisse.

Kooperation bedeutet:

    • Publikationsgebot

 

Gemeint ist die Verpflichtung die gewonnenen Erkenntnisse zu veröffentlichen. So müssen beispielsweise Doktorarbeiten in Deutschland veröffentlicht werden.

 

 

 

    • Rezeptionsgebot

      Gemeint ist die Verpflichtung des Verfassers einer wissenschaftlichen Arbeit, den Stand der Forschung bzw. den Stand der Technik zur Kenntnis zu nehmen.

 

 

 

 

 

 

 

Anforderungen an wissenschaftliche Texte

 

 

 

Wissenschaftliche Arbeiten nach Eco (Eco, 2010)

 

 

 

  • liefern neue Aussagen zum Gegenstand, so Eco: „Die Untersuchung muß über diesen Gegenstand Dinge sagen, die noch nicht gesagt worden sind, oder sie muß Dinge, die schon gesagt worden sind, aus einem neuen Blickwinkel sehen." (Eco, 201, S. 41)
     

  • „[...] [müssen] für andere von Nutzen sein." (Eco, 2010, S. 42)
     

  • „[...] [müssen] jene Angaben beinhalten, die es ermöglichen nachzuprüfen, ob ihre Hypothesen falsch oder richtig sind [...]." (Eco, 2010, S. 44)

 

 

Adressaten abholen bzw. erreichen

 

 

In ihrem Sender- und Empfänger-Modell von 1949 beschreiben Shannon und Weaver (Weaver, 2009, S. 29) den Weg der Information (Message) vom Sender (Information Source) zum Empfänger (Destination).  Die Übertragung ist möglichen Störquellen (Noise Source) ausgesetzt (s. Abbildung 1). 

 

 

 

Abbildung 1: Sender- und Empfänger-Modell von Shannon und Weaver (Weaver, 2009, S. 29) 

 

 

 

Das in Abbildung 1 dargestellte Modell von Shannon und Weaver, das ursprünglich für die Nachrichtentechnik entwickelt wurde, wird in der Kommunikationspsychologie häufig zur Erklärung des Kommunikationsprozesses genutzt (Röhner u. Schütz, 2012, S. 17 - 18).

 


 

Abbildung 2: Sender- und Empfänger-Modell von Shannon und Weaver
(Shannon und Weaver, 1949, gezeichnet von Röhner und Schütz, 2012, S. 18)

 

 

 

Wie in Abbildung 2 dargestellt, wird die Nachricht vom Sender kodiert und vom Empfänger dekodiert. Hieraus kann die Verpflichung des Senders abgeleitet werden, den Adressaten abzuholen beziehungsweise zu erreichen. Dies kann zum Beispiel durch die Auswahl der Sprache erfolgen und gilt in einem besonderen Maße für den Verfasser eines wissenschaftlichen Textes. Anders als im direkten (telefonischen) Gespräch, kann der Leser keine Rückfrage stellen. Die unmißverständliche und klare Darstellung des Sachverhaltes ist daher in einer wissenschaftlichen Arbeit besonders wichtig. Diese werden primär durch die Struktur und die Sprache erzielt.

 

 

 

 

Standardstrukturen wissenschaftlicher Texte

 

 

 

IMRAD

 

  • Introduction

 

  • Method

 

  • Results

 

  • And
     

  • Discussion

 

 

 

 

Typische Strukturen von Abschlussarbeiten


Bachelor- und Masterarbeiten, die an der Technischen Hochschule Mittelhessen geschrieben werden, folgen häufig der in Tabelle 1 aufgeführten Struktur. 

 

 

Tabelle 1: Empirische und Theoretische Arbeiten

 

Empirische Arbeiten

 

Theoretische Arbeiten

Einleitung

 

Einleitung

Die Einleitung beinhaltet oft drei Unterkapital:

 

  • Problemstellung (allgemeiner Problemhintergrund und Ausgangslage der Arbeit)

  • Ziel der Arbeit und/oder Fragestellung der Arbeit

  • Aufbau der Arbeit

 

Grundlagen (Definitionen, Theorien, empirische Grundlagen etc.)

 

Grundlagen (Definitionen, Theorien)

Methoden

(eventuell Methoden)

 

  • Darlegung und Begründung der ausgewählten Methode 

  • Definition von Messgrößen, Beschreiben von Mess-, Test- oder Versuchsaufbau

 

  • Wenn ein Methodenkapitel verlangt wird, wird die Literaturrecherche beschrieben (mit Suchstrategien, Auswahl der Informationsmittel, Rechercheergebnis und Literaturauswahl)

 

Ergebnisse

 

Forschungsarbeiten & -ergebnisse zum Thema

Diskussion/Fazit

 

Diskussion/Fazit

  • Rückblick auf die Aufgabenstellung (kritische Reflexion): Was wurde erreicht bzw. nicht erreicht? 

  • Interpretation der Ergebnisse 

  • Darlegung der Transferrelevanz 

  • Ausblick auf weitere notwendige Untersuchungen und offene Forschungsfelder

 

 

 


Siehe hierzu auch Formale Gestaltung der wissenschaftlichen Arbeit.

 

 

 

Wissenschaftssprache

 

 

Alltagssprache vs. Wissenschaftssprache

 

Tabelle 2: Beispiele für Alltags- und Wissenschaftssprache (Ruhmann, o.J.)

 

 

Beispiel Alltagssprache

 

Beispiel natur-(wissenschaftliche) Sprache

 

 

Liebe Oma, in meiner Doktorarbeit habe ich mich mit einem medizinischen Thema beschäftigt, das für viele Betroffene wichtig ist. Ich habe untersucht, warum manche Menschen jahrelang Schmerzen in bestimmten Körperregionen empfinden, obwohl die Verletzung oder Entzündung, die den Schmerz verursacht hatte, längst geheilt ist. Dies liegt daran, dass …"

 

 

Untersucht wurde die Verteilung der NMDA- und Substanz-P-Rezeptoren an Ganglienneuronen im Anterolateral-Strang der Medulla oblongata in Abhängigkeit von primären afferenten nociceptiven Input."

 

Was fällt auf?

 

Persönliche Ansprache

Ich habe untersucht
Sprache unpräsize: viele, wichtig, manche, jahrlang, bestimmte, längst

Keine Fachbegriffe

 

 

 

Was fällt auf?

 

 

Untersucht wurde

Sprache präzise

Fachsprache

 

 




  Wissenschaftssprache  

 

  • ist nicht mündliche Alltagssprache und

 

  • bedeutet nicht aufgeblasenen Jargon, sondern

 

  • klares Schriftdeutsch und korrekte Fachbegriffe

 

  • wissenschaftlich präzise formulieren - so formulieren, dass keine Mißverständnisse möglich sind (siehe Arbeitsmaterial in Moodle)

 

 

 

Formulierungstipps

 

 

Einfach formulieren

 

 

„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde."

 

 

„Anlässlich des Anfangs erfolgte die Erschaffung sowohl des Himmels als auch der Erde seitens Gott."


 

Variieren Sie den Satzbau (Theuerkauf, 2012, S. 150 - 151)

 

 

(1) In dem Diagramm wird der zeitliche Verlauf der Messdaten gezeigt.

 

 

 

 

Lösungsvorschlag

Das Diagramm zeigt den zeitlichen Verlauf der Messdaten.

 

 

 

 

(2) Zur Energieübertragung wird eine hydraulische Presse verwendet.

 

 

 

 

Lösungsvorschlag
Eine hydraulische Presse überträgt die Energie.

 

 

 

Gendern - ja oder nein?

 

Derzeit existieren keine verbindlichen Vorgaben zum Gendern in wissenschaftlichen Texten.

 

Wir empfehlen, die Verwendung des nachfolgenden Hinweises zum Gendern in der Fußnote Ihrer Arbeit:

 

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet und das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

 

 

Im Zweifelsfall besprechen Sie das Gendern mit Ihrer Betreuerin oder Ihrem Betreuer bezüglich deren Präferenz.

 

 

 

Arbeitsmaterialien:

  • Wissenschaftlich präzise formulieren, siehe Moodle-Kurs (zugänglich für Mitglieder der THM)

 

 

 

 

 

 

 

Zum Weiterlesen

 

 

 

 

 

Schroth-Wiechert, S., 2011. Deutsch als Fremdsprache in den Ingenieurwissenschaften. Formulierungshilfen für schriftliche Arbeiten in Studium und Beruf. Berlin: Cornelsen. ISBN 978-3-06-520665-5 .

 

 

 

Kruse, O., 2007. Keine Angst vor dem leeren Blatt: Ohne Schreibblockaden durchs Studium. 12., völlig neu bearb. Aufl. Frankfurt/Main: Campus-Verlag. ISBN 978-3-593-38479-5 .

 

    • Siehe Kapitel 4 - Gestaltung von Sprache in Schreibprojekten,  S. 86 - 107

 

 

 

Kühtz, S., 2016. Wissenschaftlich formulieren. Tipps und Textbausteine für Studium und Schule. 4., erweiterte Auflage. Paderborn: Schöningh. UTB. 3471. ISBN 3-8252-4666-3.

 

 

 

Theuerkauf, J., 2012. Schreiben im Ingenieurstudium: Effektiv und effizient zur Bachelor-, Master- und Doktorarbeit. Paderborn: Schöningh. ISBN 3-8252-3644-7.

 

    • Siehe Kapitel 7.5 - Formulieren Sie!, S. 147 - 153

 

 

 

 

bibTutorial: http://bibtutorial.pbworks.com | Ein Angebot der Hochschulbibliothek der Technischen Hochschule Mittelhessen: https://www.thm.de/bibliothek/lernortplus | schreibberatung@thm.de | Stand: 2021/10

 

 

 

Hieraus kann die Verpflichung des Verfassers einer wissenschaftlichen Arbeit abgeleitet werden, den Adressaten seines Textes abzuholen beziehungsweise zu erreichen. Anders wie im direkten (telefonischen) Gespräch, kann der Leser keine Rückfrage stellen. Die unmißverständliche und klare Darstellung des Sachverhaltes ist daher in einer wissenschaftlichen Arbeit besonders wichtig (siehe hierzu auch die Punkte 3 und 4).